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Die Rolle von Lehrpersonen bei TechTeens: Boris Meißner von der OGS Leutzsch
Die Rolle von Lehrpersonen bei TechTeens: Boris Meißner von der OGS Leutzsch
TechTeens bringt erfahrene Berufstätige mit Jugendlichen aus Leipziger Oberschulen zusammen. Das Ziel: digitale Teilhabe ermöglichen und für die facettenreiche Berufswelt der IT-Branche begeistern. Als betreuender Lehrer erzählte uns Boris Meißner im Interview, welche Entwicklung er bei den Jugendlichen durch die Projektteilnahme erkennt, welchen Einfluss die Begleitungstätigkeit auf seine eigene Lehrpraxis hat und vieles mehr.
Er ist Informatiklehrer an einer Partnerschule der ersten Stunde, der Oberschule Georg-Schwartz-Straße (OGS) in Leipzig-Leutzsch. Seit 2019 begleitet Boris – unter seinen Schüler*innen besser bekannt als Herr Meißner – als Betreuungslehrer die TechTeens Projektstunden und koordiniert das Projektgeschehen an der Schule. Für unsere Mentoren und Mentorinnen sowie das Organisationsteam der Initiative agiert er als Ansprechpartner rund um schuladministrative Fragen. Mit seinem pädagogischen Erfahrungsschatz und geschulten Blick auf die Jugendlichen gibt er außerdem regelmäßig Feedback zu der Entwicklung der Teilnehmenden.
Bei TechTeens geht es um Berufsorientierung. Wie bist du selbst zur IT/zu deinem Beruf gekommen?
Bei TechTeens geht es um Berufsorientierung. Wie bist du selbst zur IT/zu deinem Beruf gekommen?
Obwohl meine Eltern kaum Bezug zu Computertechnik hatten, haben sie mir bereits im Alter von knapp 10 Jahren erste Computer (C64, PC mit 286er Prozessor) zur Verfügung gestellt. Viele Erkenntnisse habe ich damals durch Ausprobieren erlangt und dann relativ schnell mit ersten kleinen Programmierprojekten (QBASIC, Turbo Pascal) begonnen.
Die Begeisterung hält bis heute an und zu Studienbeginn bestand für mich nur die Frage, ob ich Informatik auf Lehramt studiere oder nicht. Zu dieser Zeit konnte mich jedoch noch kein 2. Fach überzeugen und so wurde es das reine Informatikstudium. Anschließend habe ich im Bereich der App-Entwicklung gearbeitet, zuerst als Android-Programmierer und anschließend als Projektleiter. Das Thema Lehramt blieb für mich jedoch stets relevant, zumal ich durch meine ehrenamtliche Trainertätigkeit erfahren konnte, wie viel Freude mir die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bereitet. Deswegen habe ich 2017 den Seiteneinstieg in die Schule gewagt und diese Entscheidung nicht bereut.
Heute freue ich mich sehr über diesen wenig stringenten Berufsweg, da er mir viele Erfahrungen gebracht hat, die ich in meinem jetzigen Tätigkeitsfeld gewinnbringend nutzen kann.
Was begeistert dich an Programmierung und Informatik?
Was begeistert dich an Programmierung und Informatik?
Es begeistert mich nach wie vor, welche Vielzahl an Problemen man mit Computern lösen kann. Meist reicht ein technisches Gerät und eine gute Idee und schon kann es losgehen. Darüber hinaus erfreue ich mich an der Erleichterung des Alltags durch informatische Systeme und teste dementsprechend regelmäßig neue Hard- und Software, auch auf die Eignung im schulischen Umfeld.
Wie kam es dazu, dass du die TechTeens Stunden an deiner Schule begleitest und mit welchen Aufgaben ist das für dich verbunden?
Wie kam es dazu, dass du die TechTeens Stunden an deiner Schule begleitest und mit welchen Aufgaben ist das für dich verbunden?
An der Schule Georg-Schwarz-Straße bin ich als Informatik- und Mathematik-Lehrer tätig. Darüber hinaus habe ich die Funktion des PITKo (Pädagogischer IT Koordinator) und betreue das IT-System bzw. stehe den Lehrkräften beratend beim Einsatz der Technik zur Verfügung. Dadurch liegt es auf der Hand, dass ich einen IT-lastigen Wahlbereich wie TechTeens betreue, da aufkommende technische Fragen in meinen Aufgabenbereich fallen. Neben allgemeinen organisatorischen Dingen, z.B. Dokumentation der Inhalte und Erfassung der Anwesenheit der Teilnehmenden, kümmere ich mich darum, dass die technischen Anforderungen geprüft und umgesetzt werden. So habe ich im ersten TechTeens Jahr den Umzug des entwickelten Forums auf den Server der Schule umgesetzt oder in diesem Jahr an der Umsetzbarkeit des Remote-Unterrichts mit 360°-Kamera mitgewirkt. Und natürlich bin ich auch Ansprechpartner für alle organisatorischen Belange.
Die Stunden finden im Rahmen des Wahlbereichs statt. Was ist das eigentlich und welche Formate sind an Oberschulen üblich?
Die Stunden finden im Rahmen des Wahlbereichs statt. Was ist das eigentlich und welche Formate sind an Oberschulen üblich?
Der Wahlbereich kann ein Angebot zur individuellen Förderung, eine komplexe Lernleistung oder die abschlussorientierte 2. Fremdsprache sein. Er umfasst Angebote mit Bezug zu sämtlichen Fächern, z.B. Mathematik mit der Teilnahme an Wettbewerben, sportliche Aspekte wie die gemeinsame Ausübung spezieller Sportarten oder wie bei TechTeens, ein Informatik-Projekt.
Wie wird man an eurer Schule TechTeen, d. h. nach welchen Kriterien oder unter welchen Umständen entsteht eine TechTeens-Klasse?
Wie wird man an eurer Schule TechTeen, d. h. nach welchen Kriterien oder unter welchen Umständen entsteht eine TechTeens-Klasse?
Im Verlauf eines Schuljahres gehe ich meist auf technikaffine Schüler und Schülerinnen zu und mache sie auf das Projekt aufmerksam. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung können sich interessierte Schüler*innen anschließend detailliert darüber informieren. Dadurch sollen insbesondere auch Schüler*innen mit wenig technischer Vorerfahrung für das Projekt gewonnen werden.
Danach erhalten sie die Möglichkeit, sich verbindlich für den Wahlbereich anzumelden.
Wie würdest du Schüler*innen TechTeens beschreiben, wenn sie dich darauf ansprechen?
Wie würdest du Schüler*innen TechTeens beschreiben, wenn sie dich darauf ansprechen?
Mit Hilfe von Mentoren und Mentorinnen erarbeitet ihr ein konkretes Informatikprojekt. Bei TechTeens braucht ihr keine Vorerfahrungen mit Programmierung.
Im ersten Schritt überlegt ihr euch gemeinsam eine Projektidee. Diese wird dann in Teams (z.B. Design, Content, Programmierung) bis zum Ende des Schuljahres umgesetzt. Daneben werden euch wichtige Kenntnisse zur Bearbeitung solcher Projekte vermittelt.
Bisherige TechTeens Projekte waren ein Forum zum Austausch zwischen Schüler*innen, ein Tafelfussballquiz und in diesem Jahr ein Escape-Room-Spiel.
Welchen Einfluss hat die Begleitung des Projekts auf deine Unterrichtspraxis mit anderen Klassen?
Welchen Einfluss hat die Begleitung des Projekts auf deine Unterrichtspraxis mit anderen Klassen?
Häufig kann ich im Rahmen der TechTeens Stunden eine Beobachter-Rolle einnehmen. Dies gibt mir die Möglichkeit, genau zu analysieren, welche Konzepte zur Vermittlung gut funktionieren. Dadurch bestätigt sich meine Einschätzung, dass insbesondere das experimentelle Ausprobieren durch die Schüler*innen einen langfristigen Erfolg bietet. Im Fachunterricht Informatik bin ich deswegen dazu übergegangen, den Schülern und Schülerinnen nur die notwendigste Hilfestellung zu geben. Dies benötigt zwar im ersten Schritt mehr Zeit, die gewonnenen Erkenntnisse der Jugendlichen sind jedoch langfristiger abrufbar und tiefgründiger.
Welche Entwicklung beobachtest du im Laufe des Schuljahres bei den Jugendlichen?
Welche Entwicklung beobachtest du im Laufe des Schuljahres bei den Jugendlichen?
Die Jugendlichen werden deutlich sicherer in der Anwendung von Computersystemen. Ich beobachte eine Steigerung in der Selbständigkeit und der Fähigkeit Arbeitsergebnisse zu präsentieren. Und natürlich wird je nach konkreter Aufgabe im Projektteam auch das fachliche Wissen weit über die schulischen Anforderungen verbessert.
Gerade im aktuellen Lockdown bin ich begeistert, wie gut die Schüler*innen mit ihrer privaten Computertechnik weiterhin am Projekt teilnehmen und mit welcher Selbstverständlichkeit Arbeitsergebnisse mittels Screensharing bearbeitet und präsentiert werden.
Ist da auch mal eine Schüler*innen-Geschichte dabei gewesen, die dir besonders positiv aufgefallen ist?
Ist da auch mal eine Schüler*innen-Geschichte dabei gewesen, die dir besonders positiv aufgefallen ist?
Es freut mich sehr, wenn sich aus dem Projekt konkrete berufliche Anknüpfungspunkte wie Praktika oder Lehrstellen ergeben. Die USA-Reise für ausgewählte TechTeens im ersten TechTeens-Jahr war ebenfalls ein absolutes Highlight. Außerdem beeindruckt es mich immer sehr, wenn leistungsschwächere Schüler*innen im Projekt ihre Stärken erkennen. Dies bietet dann häufig Anknüpfungspunkte für fächerübergreifende Stärkung der Motivation.
Welchen Wert siehst du – zusammenfassend gesagt – in der Kooperation deiner Schule mit der Initiative?
Welchen Wert siehst du – zusammenfassend gesagt – in der Kooperation deiner Schule mit der Initiative?
Durch den sehr guten Betreuungsschlüssel zwischen Mentoren und Schüler*innen ergibt sich eine sehr intensive Arbeit. Gerade die innovative Weiterführung des Projekts während der Schulschließung hat zu einem Synergieeffekt für die Ausgestaltung der häuslichen Lernzeit geführt. Die Schüler*innen haben ihren Umgang mit Videokonferenzen gefestigt und ich konnte Erkenntnisse für die Ausgestaltung dieser gewinnen. Auch die Verwendung der 360°-Kamera zur Verbindung von Lernenden und Mentor*innen stellt eine nie dagewesene Form der digitalen Unterrichtsführung dar.
Einmal angenommen Geld, Zeit und die DSGVO spielten keine Rolle: Wie sähe für dich die perfekte digitale Schule aus?
Einmal angenommen Geld, Zeit und die DSGVO spielten keine Rolle: Wie sähe für dich die perfekte digitale Schule aus?
Ich würde mir wünschen, dass Tablets und Notebooks in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Diese sollten dann neben dem „normalen“ Unterricht regelmäßig unterstützend eingesetzt werden. Mein Traum für einen perfekten digitalen Unterricht ist die Bereitstellung der Inhalte in Form von Lernmodulen auf einem Tablet. Die Schüler*innen können diese in ihrem Tempo bearbeiten und ich kann als Lernunterstützer bei Problemen auftreten. Wichtig bleibt für mich dennoch, dass Aufgaben auch auf Papier bearbeitet werden und Lernmodule eher zur Ergebniskontrolle und Lernfortschrittsanzeige dienen.
Was steht diesem Traum deiner Meinung nach in der Praxis noch im Weg?
Was steht diesem Traum deiner Meinung nach in der Praxis noch im Weg?
Die richtigen Wege sind bereits eingeschlagen, aber das Thema muss unbedingt auch unabhängig von Corona-bedingten Notwendigkeiten kontinuierlich vorangetrieben werden. Die Erkenntnisse aus den letzten Monaten, welche durchaus einen großen experimentellen Charakter hatten, müssen nun zu einer gut geplanten Beschaffung von Hardware, aber auch Schulung von Lehrkräften führen. Und natürlich müssen die bereitgestellten Systeme stabil funktionieren und eine entsprechende Breitbandanbindung und Technik in Schulen und den Haushalten der Schüler*innen verfügbar sein.